Blaues Blut

Maximilian Sohm hat den Heidelbeeranbau im Blut. In dritter Generation bewirtschaftet er gemeinsam mit seinem Vater die Heidelbeerfelder der Familie im Lauteracher Ried. Wir haben den jungen Heidelbeerzüchter zur Erntezeit in seiner zweiten Heimat besucht. 

Für Maximilian Sohm ist das Lauteracher Ried wie eine zweite Heimat. Seit er denken kann, ist er mit seinem Großvater Elmar Sohm fast jeden Tag „in die Heidelbeeren“ gefahren. Heute führt der 25-Jährige die Heidelbeerzucht gemeinsam mit seinem Vater Dietmar Sohm – mit traditionellen Werten und neuen Impulsen. 

Maximilian Sohm ist zwischen Heidelbeerbüschen aufgewachsen. Seit er laufen kann – und vielleicht auch schon vorher -, hat der heute 25-Jährige jede freie Minute mit seinem Großvater Elmar Sohm draußen im Ried, unweit vom Jannersee, verbracht. Umgeben von endlosen Wiesen, gesäumt von uralten Bäumen und durchzogen von kleinen Kanälen liegt hier das 1,8 Hektar große Feld, das Familie Sohm schon seit vier Generationen bewirtschaftet. Während der Urgroßvater hier noch- wie damals üblich- Torfschollen gestochen und als Heizmaterial verkauft hat, hat Elmar Sohm das Potential des sauren Bodens für den Heidelbeeranbau genutzt und schon bald auch seinen Enkel mit der Faszination für die kleinen blauen Beeren angesteckt. Von den ersten selbstgepflückten Beeren auf Opas Schulten bis zum jährlichen Ferialjob als Schüler: Von klein auf hat Maximilian gelernt, was die Beeren brauchen, was sie mögen und was nicht. Dass er einmal in die Fußstapfen seines Großvaters steigen und die Heidelbeerzucht übernehmen möchte, war ihm schon damals klar. Auch als sein Vater Dietmar vor zehn Jahren das Heidelbeerfeld von Elmar Sohm übernommen hat, hat Maximilian immer mitgearbeitet. Doch: „Für mich war das immer ein Pensions-Thema“, erzählt der junge Bauzeichner. Als jedoch Großmutter Herlinde 2017, vier Jahre nach dem Tod von Elmar Sohm, den Vorschlag machte, Maximilian könnte schon jetzt ein eigenes Feld übernehmen, musste er keine Sekunde überlegen.

Tradition und neue Impulse

Nicht nur das Feld, auch den Sinn für den sorgsamen Umgang mit den Pflanze, für Tradition und nachhaltige Bewirtschaftung hat Maximilian von seinem Großvater geerbt. Aber der junge Landwirt im Nebenerwerb hat auch jede Menge eigene Ideen. Mindestens genauso viele wie Tatendrang und Experimentierfreude. Als klar war, dass der damals 22-Jährige als Partner ins Unternehmen einsteigen würde, war ebenso klar, dass er Einiges anders machen und viel ausprobieren will. Also sind Vater und Sohn zuerst einmal nach Holland gefahren. Denn dort sind Europas Vorreiter in Sachen Heidelbeeranbau zuhause. Drei neue Sorten und viele neue Ideen haben die beiden von dieser Reise mitgebracht.

Heidelbeeren werden nach wie vor von Hand gepflückt. Das ist mit enormem Arbeitsaufwand verbunden, aber notwendig, um nur die reifen Beeren zu ernten und die Pflanze nicht zu beschädigen. Vor dem Verpacken werden die Beeren nochmals von Hand sortiert und von Ästchen und Blättern befreit. 

Optimal im Wasser

Damit Heidelbeerpflanzen sich wohlfühlen, müssen alle Bedingungen stimmen. Die Beschaffenheit des nährstoffreichen, sauren Bodens im Ried ist ideal. „Ein großes Problem, das wir häufig haben, ist allerdings Staunässe“, erklärt Maximilian. Alle drei bis vier Jahre regnet es in der Region so stark, dass der Boden die Feuchtigkeit nicht mehr aufnehmen kann. Als Flachwurzler brauchen Heidelbeersträucher zwar konstant Feuchtigkeit, doch bei „nassen Füßen“ sind sie zimperlich. Regelmäßig sind den Sohms bei solchen Starkregen Pflanzen regelrecht ertrunken. Die Lösung hat Maximilian im Spargelanbau gefunden. Für den Anbau von weißem Spargel werden mit einer speziellen Maschine Erddämme gezogen, die verhindern, dass die Spargelspitzen zu früh der Sonne ausgesetzt sind und damit Grün werden. Mit so einer Maschine hat der findige Obstbauer Dämme für seine Heidelbeerbüsche ziehen lassen. Dadurch kann überschüssiges Wasser bei starken Regenfällen abrinnen und die Wurzeln faulen nicht. Ganz ohne Lehrgeld jedoch kommt auch er nicht durch die Experimentierphase: Drei der meterlangen Reihen mit den neuen Heidelbeerbüschen sind Maximilian im Frühjahr vertrocknet, weil der erwartete Regen ausgeblieben ist. „Trockenphasen sind wir hier nicht gewohnt“, meint er schulterzuckend. Denn sein Optimismus behält Oberwasser: „Ich verbuche das als Erfahrung. Was nicht funktioniert hat, kann ich beim nächsten Mal besser machen.“ Und so hat er auf den neuen Dämmen gleich auch ein Bewässerungssystem installiert.

Tierische Besucher

Derzeit läuft bei Heidelbeeren Sohm die Ernte auf Hochtouren. Dabei setzt die Familie schon seit vielen Jahren auf ein erfahrenes Team aus Vorarlberger Pflückerinnen und Pflückern. Bis Mitte August muss die Ernte abgeschlossen sein. Denn dann hat ein unliebsamer Gast im Ried Saison: die Kirschessigfliege. Die Larven dieser aus Asien eingeschleppten Taufliegen haben eine Vorliebe für das Fruchtfleisch von weichschaligen Früchten wie eben zum Beispiel jenes von Heidelbeeren. Doch das ist für die Sohms noch lange kein Grund, hier mitten im Natura-2000-Europaschutzgebiet die Chemiekeule zu schwingen: „Wir spritzen nicht, wir arbeiten zu 100 Prozent gentechnikfrei und wir düngen nur alle drei Jahre mit einem mineralischen Dünger.“ Da ist Maximilian genauso kompromisslos wie sein Vater und dessen Vater davor.

Die Kirschessigfliege ist jedoch nich die Einzige, die Gefallen an den Heidelbeerbüschen der Sohms findet. Während Feldhasen und Rehe hauptsächlich ganz wild auf die ersten saftigen Triebe sind, würden die zahlreichen Vögel hier im Ried die Ernte der süßen reifen Früchte am liebsten selbst übernehmen. Das allerdings weiß ein großflächig gespanntes Netz zu verhindern. Chemie ist auch hier tabu. Denn was die Pflanzen schützt, soll weder Mensch noch Tier gefährden- ganz im Gegenteil. Selbst wenn so manches, was hie hoppelt, hüpft und flattert, nicht gerade förderlich für den Ertrag ist- 150.000 tierische Helfer hat sich Maximilian ganz bewusst ins Feld geholt: Drei Bienenvölker vom Bienenzuchtverein Lauterach waren während der Blütezeit im Mai heuer das erste Mal für die Bestäubung der Heidelbeerpflanzen zuständig. Ein summa summarum sehr erfolgreiches Experiment. So erfolgreich, dass für die nächsten fünf Jahre Ausweitung auf 20 Bienenvölker geplant ist. So viele braucht es, damit alle Blüten auf den 5500 Heidelbeerbüschen mit den „Hausbienen“ bestäubt werden können. „Bis dahin wollen wir auch komplett alle Felder mit Dämmen, dem neuen Bewässerungssystem und mit neuen Pflanzen ausstatten, dann sind wir rundherum auf dem aktuellsten Stand.“

Eine beerenstarke Partnerschaft

Seit 2006 sind die Sohm’schen Heidelbeeren unter der regionalen Premiummarke „Sutterlüty’s“ während der Saison solange der Vorrat reicht in allen Ländlemärkten erhältlich. Eine Partnerschaft, die noch mit Elmar Sohm begonnen hat und die nicht nur in wirtschaftlich herausfordernden Jahren wie diesem eine wertvolle Konstante für den Familienbetrieb ist. „Wir wissen, dass Sutterlüty voll hinter uns steht“, ist auch Maximilian überzeugt.. „Die Zusammenarbeit klappt sehr gut und  vor allem auf Augenhöhe.“Diese Tradition wird er also auf jeden Fall beibehalten und möchte sogar noch einen Schritt weitergehen. „Ich persönlich esse die Früchte am liebsten unverarbeitet, am besten ein bisschen gekühlt. Was ich aber unbedingt ausprobieren möchte, ist, Heidelbeerschnaps und Gin daraus zu machen“, gibt der umtriebige Jungbauer einen weiteren Einblick in seine Pläne und ergänzt: „Wenn es so weit ist, sind wir mit Sutterlüty natürlich als Erstes im Gespräch.“ Das würde sicherlich auch Opa Elmar gut gefallen.

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