Der Essig fällt nicht weit vom Stamm

Man kann Äpfel nicht mit Birnen vergleichen, so sagt der Volksmund. Aber man kann ohne weiteres Äpfel mit Birnen mischen. Jedenfalls, wenn man Andreas Krammel heißt. Denn der holt in seiner Mosterei in Lustenau das Beste aus bunt gemischten Rheintaler Streuobst-Äpfeln und Birnen. In Form von b’sundrig facettenreichem Saft, fruchtigem Most oder dem beliebten Sutterlüty’s Apfel Birnen Essig – seit Neuestem auch mit Kräutern.

Es ist ein strahlend schöner Herbstmorgen, an dem wir durch das noch mit zarten Dunstschleiern verhangene Lustenauer Ried fahren. Wir wollen zu Andreas Krammel. Denn heute wird gemostet. Und dieser Most ist die Grundlage für den neuen Sutterlüty’s Kräuteressig. Neugierig, wie wir sind, wollen wir natürlich ganz genau wissen, was denn hier B’sundriges in die Flasche kommt.

UNSER VERSTÄNDNIS VON EHRLICHEM, NATÜRLICHEM SAFT, MOST UND ESSIG HAT SICH BEWÄHRT.

Wie vereinbart treffen wir uns in der Produktion, wo bereits auf Hochtouren gearbeitet wird. Kiste um Kiste wandert das angelieferte Obst in die Presse. „Wo kommt denn das alles her?“, wollen wir gleich wissen? „Das ist Streuobst aus Gärten von Höchst bis Dornbirn. Ungefähr.“, erfahren wir. Denn große, landwirtschaftlich genutzte Streuobstwiesen, wie sie früher fast überall im Ländle zu finden waren, gibt es heute kaum mehr. In die Presse allerdings kommt trotzdem nur jenes Obst, bei dem der Lieferant unterschrieben hat, dass kein Glyphosat gespritzt wurde. Denn das entspräche keinesfalls der Naturreinheit seiner Säfte und Essige, die Andreas Krammel so sehr am Herzen liegt.

Doch gespritzt wird im Rheintal zum Glück ohnehin wenig. Und auch wenn wir den Sommer als eher durchwachsen in Erinnerung haben, dem Streuobst hat er offenbar gut getan. „Die Früchte sind zwar ein bisschen kleiner, und wir haben eine gute Woche später angefangen zu mosten als üblich. Aber der Ertrag ist gut.“ erklärt uns Andreas, während er die Obstzufuhr zur großen Tankpresse abstellt. Mit 2,5 Tonnen hat die Presse ihr Fassungsvermögen erreicht. Jetzt heißt es warten. Denn der Pressvorgang dauert eine gute Stunde. In dieser Zeit wird auch der allerletzte Rest an Saft, Aroma und wertvollen Inhaltsstoffen aus den Äpfeln und Birnen gepresst. Und wir haben Zeit, den Chef ein bisschen zur Theorie des Mostens „auszuquetschen“.

SÜSSES ODER SAURES?

Und Andreas Krammel geht gleich in medias res: „Wenn der Apfel-Birnen-Saft Saft bleiben soll, wird er nur noch für ein paar Sekunden auf 76 – 79°C erhitzt“, lernen wir. Bei diesem sogenannten Pasteurisieren werden Keime und Bakterien abgetötet, die den Saft rasch verderben lassen könnten. „Es gibt da verschiedenste Theorien, wie lange und bei welcher Hitze man pasteurisieren sollte. Für mich ist diese Methode die schonendste. Eben weil sie nur kurz einwirkt und so das Gute im Saft erhalten bleibt“, gibt uns der erfahrene Kellermeister einen Einblick in seinen jahrelangen Erfahrungsschatz.

Mit fässerputzen Kilbigeld verdient

Denn Andreas Krammel ist im Grunde zwischen Mostfässern aufgewachsen. Schon als Bub hat sich der heute 47-jährige sein Kilbigeld mit Obst auflesen und Fässer putzen verdient. Trotzdem hat es ihn beruflich ursprünglich in eine andere Richtung gezogen. Als gelernter Werkzeugmacher und technischer Zeichner hat Andreas zuletzt in der Schweiz gearbeitet, bevor er sich im Jahr 2000 entschloss, beruflich einen anderen Weg zu gehen. „Zu der Zeit hat mit dem Grabher gerade die letzte Lohnmosterei in Lustenau aufgehört. Dann habe ich mir gedacht: Das probiere ich.“

Über 100 b’sundrige Sutterlüty’s Produkte gibt es mittlerweile – und zehn davon stammen heute aus der Mosterei in Lustenau.

Allen Widrigkeiten zum Trotz und das waren am Anfang einige – hat sich Andreas’ Verständnis von ganz natürlich aus rein regionalem Obst ehrlich produzierten Säften, Most, Essig und Edelbränden bewährt. „Am Anfang bin ich ziemlich alleine dagestanden mit meinem Fokus auf das Regionale. Darum haben wir unsere Produkte zuerst einmal in unserem eigenen Laden verkauft. Aber dann ist der Franz Josef Natter von Sutterlüty auf mich zugekommen und wollte Süßmost und Essig.“ Sutterlüty-Geschichte allerdings hat Andreas Krammel mit seinem Apfelsaft vom Rheintaler Streuobst geschrieben. Denn der war das allererste Sutterlüty’s Produkt, das 2008 in die Regale der Ländlemärkte kam. Seither hat sich im Sortiment einiges getan. Über 100 b’sundrige Sutterlüty’s Produkte gibt es mittlerweile – und zehn davon stammen heute aus der Mosterei in Lustenau.

Uns interessiert aber heute vor allem die jüngste Spezialität aus der Presse von Andreas Krammel: Sutterlüty’s Kräuteressig. Denn der Apfel-Birnen Saft, der mittlerweile munter aus der Presse rinnt, ist auch die Basis für den beliebten Sutterlüty’s.

Gefiltert werden bei Krammel übrigens weder die Säfte noch der Essig. Auch dafür hat Andreas ganz klare Gründe: „Ein Filter kann nicht unterscheiden, was gut und was schlecht ist, der filtert einfach – also auch Spurenelemente, Enzyme und Mineralien. In Zeiten, in denen die Menschen so viel denaturierte Lebensmittel zu sich nehmen – ist mir ein naturbelassenes Produkt hundertmal lieber, als hinterher mit Pillen alle möglichen Mängel auszugleichen.“ Darauf trinken wir ein Glas. Und zwar von dem frisch gepressten Apfel-Birnen-Saft, der übrigens ganz köstlich schmeckt.

Und wir freuen uns schon auf die nächste Kreation aus Andreas Krammels Essigküche, denn auch wenn er ein großes Geheimnis darum macht, wir haben sie schon gesehen, die angesetzten Mustersorten – und wir halten Sie auf dem Laufenden, versprochen!