Gentechnik-freie Wochen

Ein Qualitätszeichen feiert Geburtstag

Seit 25 Jahren setzt sich die ARGE Gentechnik-frei in Österreich für den Verzicht auf Gentechnik in der Lebensmittelproduktion ein – Österreich war und ist damit europaweiter Vorreiter. Mittlerweile tragen über 4500 Produkte das Qualitätssiegel „Ohne Gentechnik hergestellt“. Auf diesen Erfolg möchte der gesamte Lebensmittelhandel Österreichs mit den „Gentechnik-freien Wochen 2022“ vom 13.–25. Juni aufmerksam machen und feiert den Geburtstag der ARGE mit Verkostungen, speziellen Angeboten und Informationen rund um Gentechnik. Ihr Sutterlüty Ländlemarkt ist natürlich auch dabei!

Ein wahrer Durchbruch

Heutzutage sind gentechnikfreie Lebensmitteln für viele fast selbstverständlich, vor einem Vierteljahrhundert sah das anders aus: Bei einem Volksbegehren im April 1997 stimmten über 1,2 Millionen Österreicher*innen gegen den Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft und der Lebensmittelproduktion – das bislang zweiterfolgreichste Volksbegehren Österreichs! Das gab den Impuls für die Gründung der ARGE Gentechnik-frei im darauffolgenden Juni. Das grüne Qualitätszeichen „Ohne Gentechnik hergestellt“ garantiert seit 1998, dass für die Erzeugung der Lebensmittel keine Gentechnik verwendet wird: von der Saat über Pflanzenschutz und Futtermittel bis hin zum fertigen Produkt im Supermarktregal. Inzwischen ist das in Österreich für viele Branchen Standard: Bei Milchprodukten und Eiern seit 2010, Geflügel werden seit 2012 überwiegend gentechnikfrei gefüttert. Bei Schweinen und Rindern steht diese Entwicklung noch aus. Wer sich sicher sein will, dass kein Genmais aus Übersee verfuttert wurde, muss auf Bioprodukte oder eben die entsprechende Auslobung achten. Doch nicht nur deshalb bleibt das Thema weiterhin aktuell. Einerseits wirkt sich der Ukraine Krieg auf den europäischen Lebensmittelmarkt aus, andererseits drängen neue gentechnische Verfahren auf den Markt, die es zu bewerten gilt.

Weite Kreise

Die Ukraine ist seit jeher die Kornkammer Europas. Auch wenn für die Konsumenten noch wenig zu spüren ist, wird der grausame Krieg wohl den europäischen Lebensmittelhandel beeinträchtigen. Die ARGE Gentechnik-frei spricht sich deshalb für eine hohe Solidarität zwischen allen Playern in der Branche aus. Außerdem muss der österreichische Grundkonsens „Teller vor Trog vor Tank“ umgesetzt werden – damit die in Krisenzeiten besonders wertvollen Rohstoffe nicht in Biosprit umgewandelt werden, bevor die Versorgung von Mensch und Tier nicht gewährleistet ist. Eine weitere Befürchtung ist, dass die Qualitätsstandards der Lebensmittelproduktion darunter leiden könnten. Gerade für Österreich sind diese aber enorm wichtig, da sich unsere kleinen Landwirtschaftsbetriebe vor allem durch die einmalige Qualität von anderen, billigeren Produzenten abheben müssen. Leidet aufgrund der fehlenden Verfügbarkeit von passenden Futtermitteln die Glaubwürdigkeit dieser Betriebe, wird die jahrzehntelange Aufbauarbeit für Bio- oder Gentechnik-freie Lebensmittel in Österreich unterminiert.

Fragliche Entwicklung

Eine ungewisse Zukunft steht den Gentechnik-freien Lebensmitteln auch durch neue molekularbiologische Verfahren bevor: CRISPR/Cas oder Talen, die im Deutschen auch vereinfachend als „Gen-Schere“ bezeichnet werden, drängen auf den europäischen Markt. Mit diesem Verfahren können einzelne Gene gezielt verändert werden; in der Landwirtschaft beispielsweise um Pflanzen krankheitsresistenter zu machen. Im Unterschied zur herkömmlichen Gentechnik sind diese Methoden zwar viel präziser. Es ist aber bei Weitem noch nicht ausreichend geklärt, welche Auswirkungen die Gen-Schere auf Menschen oder Tiere haben könnten. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für CRISPR und Co sollen demnächst von der EU-Kommission entschieden werden. Anlässlich des Jahrestages der ARGE Gentechnik-frei findet am 21. Juni in Wien eine entsprechende Expertenkonferenz statt, welche die Zulassung der neuen Gentechnik auf dem europäischen Markt diskutiert. Einmal mehr ist hier der Zusammenhalt der Unternehmen im Lebens- und Futtermittelsektor gefragt, damit auch für die neuen Verfahren strikte Regulierungen bestimmt werden.