Rund ums Bio-Weiderind

Reinhold Kräutler war nicht nur der erste von heute 16 Partnerbetrieben, die Sutterlüty mit bestem Bio-Weiderindfleisch beliefern. Er war auch jener Partner, den wir in der allerersten Ausgabe vom Sutterlüty Magazin 2005 vorgestellt haben. Höchste Zeit also, den Rinder-Züchter der ersten Stunde wieder einmal auf seinem Bio-Hof in Koblach zu besuchen.

Regionalstempel

Der Erste, der uns an einem frühsommerlich warmen Donnerstag kurz vor 17 Uhr am Hof begrüßt, ist so groß wie ein Kalb und mindestens genauso neugierig: Hofhund Konrad kann es kaum erwarten, dass wir endlich aussteigen und ihm ein paar Streicheleinheiten zukommen lassen. Also dauert es ein paar Minuten, bis wir dann endlich auch Herrchen Reinhold bei seinen Rindern finden. Genauer gesagt, bei den Mutterkühen und ihren Kälbern. Diese Form der Aufzucht, bei der die Kälber bis zu einem Alter von acht oder neun Monaten bei der Mutter bleiben und auch von ihr gesäugt werden, ist eines der wesentlichen Qualitätskriterien der späteren Bio-Weiderinder und für Reinhold heute selbstverständlich.

„In den Neunzigerjahren war das hier ein Milchbetrieb, da war das mit den Kälbern natürlich auch noch anders“, sagt Reinhold und lässt den Blick über das gute Dutzend Kälber gleiten, die neugierig hinter den Muttertieren hervorlugen. Eine einjährige Auszeit in den USA hat den Koblacher zum ersten Mal auf den Gedanken gebracht, irgendwann einmal von der Milchproduktion auf die Rinderzucht umzusatteln. „In Amerika habe ich gelernt, was ein gutes Steak und was ein anständiges Fleisch ist. So etwas, habe ich mir damals gedacht, fehlt bei uns.“Zurück im Ländle führte dann das Schicksal früher als gedacht dazu, dass dieser Gedanke konkrete Formen annahm: IBR, eine Virus- Erkrankung, zwang den damaligen Milchbauern, alle Milchkühe zum Schlachter zu bringen. „Da habe ich mich entschieden, auf Rinderzucht umzustellen.“ Obwohl es weitaus wirtschaftlichere Rassen gäbe, sind für Reinhold schon damals nur zwei Rassen in Frage gekommen: Angus und Hereford. Schlussendlich fiel seine Wahl auf Angus, von denen derzeit 42 Stück am Hof leben.

Bio-Weiderinder-Lieferant der ersten Stunde

Seit 2004 liefert Reinhold Kräutler Bio-Weiderinder an Sutterlüty. Entstanden ist die Zusammenarbeit auf Initiative von Christoph Egger, der damals für den Fleischeinkauf bei Sutterlüty zuständig war und heute die Traditionsmetzgerei Broger in Bizau leitet. „Christoph ist auf Gerald Gstach, den Obmann unserer Genossenschaft ‚Bio Vorarlberg‘, und auf mich zugekommen und hat gefragt, ob es die Möglichkeit einer Zusammenarbeit gäbe. Und die gab es. Innerhalb einer Woche war alles geregelt“, erinnert sich Reinhold. Heute koordiniert der Koblacher die Lieferung von Bio-Weiderindfleisch von derzeit 16 Züchtern in Vorarlberg für Sutterlüty. 65 Bio-Weiderinder wurden im letzten Jahr exklusiv für Sutterlüty geschlachtet, das waren über 21.800 Kilogramm Fleisch in bester Qualität. Die Zusammenarbeit läuft nach wie vor reibungslos. „Man versteht sich einfach“, sagt Reinhold. „Sicher auch deshalb, weil wir denselben Anspruch an Qualität und Tierwohl haben.“

Frühlingsgefühle

„Kommt“, sagt er, dreht sich um und marschiert Richtung Ausgang, „jetzt lassen wir die Rinder raus.“ Wir folgen ihm durch den Mutterkuhstall – und stehen dann direkt vor einem massigen Stierkopf, aus dem uns zwei tiefbraune Augen mustern. „Keine Sorge, der hat schon gegessen“, ruft es von der Stalltür zu uns herüber. Das Grinsen in Reinholds Stimme ist nicht zu überhören. Betont beiläufig schlendern wir aus dem Stall. Dabei hat der Stier sich längst wieder auf das sehnsuchtsvolle Muhen aus dem Auslauf vis-à-vis konzentriert. Es scheinen Frühlingsgefühle in der Luft zu liegen. „Jetzt im April werden die ersten Kühe wieder belegt, damit der Arme nicht die ganze Arbeit auf der Alpe erledigen muss“, erklärt uns Reinhold und grinst noch immer. „70 Kühe, das bringt selbst den stärksten Stier an seine Grenzen.“ Deshalb hat Reinhold auch vier Stiere, die sich im Sommer die Arbeit immer zu zweit teilen. Damit es zu keinen Machtkämpfen kommt, leben die Tiere alle auf verschiedenen Höfen. Einmal im Jahr sollte jede Kuh ein Kalb bekommen, erfahren wir. Wenn eine Kuh jedoch einmal nicht trächtig wird oder ein Kalb verliert, kann sie sich bis zur nächsten Saison erholen. Diesen Sabbat gönnt der Züchter seinen Tieren gerne. Die Kühe bleiben bis Anfang, Mitte Juni im Stall und auf der Weide direkt beim Hof. Dann geht es mit Stier, Kalb und Kegel auf die Alpe Untersehren, die Reinhold dieses Jahr in der 22. Saison selbst bewirtschaftet. Dort leben die Tiere rund um die Uhr auf der Weide, bis es dann Ende September, hoffentlich mit einigen Kälbern mehr, wieder zurück auf den Hof geht.

Raus mit den Rindern

Das gute Dutzend Rinder, das derzeit am Hof lebt, ist etwas mehr als ein Jahr alt. Einen Sommer verbringen sie also noch auf der Weide. Anfang April kommt ein Teil von ihnen nach Farnach in Bildstein auf die Kurzweide, und die anderen gehen nach Schuttannen auf die Emser Alpe. Dort bringt Reinhold auch die Rinder hin, die er als zukünftige Mutterkühe behalten will, denn dort gibt es keinen Stier. Zur Eingewöhnung auf die „Outdoor-Saison“ lässt er die Jungtiere heute auf die Weide. Damit die Rinder den Weg auf Anhieb finden, stellt er Weidegatter in einem ausgeklügelten System zu einem Gang auf: aus dem Rinderstall durch den Auslauf  hinter dem Mutterkuhstall und über die Hofeinfahrt. Dann öffnet Reinhold das Tor. „Oan am oana, Einzelreihe!“ ruft er, tritt zur Seite und verschränkt die Hände hinter dem Rücken. Schon nach kurzem Zögern trotten die Rinder eins nach dem anderen los. Dass sie heute dabei fotografiert werden, irritiert die Tiere ein bisschen. Doch sobald sie den weichen Boden der Weide unter den Klauen spüren, gibt es kein Halten mehr. Sie springen übermütig über die frühlingsgrüne Wiese und muhen um die Wette, bevor sie anfangen zu grasen, das erste Mal in diesem Jahr. Denn im Winter fressen die Tiere hauptsächlich Heusilage von den eigenen Wiesen und hin und wieder eine Handvoll Maispellets als Power-Snack. „Das sind die letzten Pellets, die ich gekauft habe“, sagt Reinhold und lässt ein paar der ockerfarbenen, grobkörnigen Röllchen durch die Finger gleiten. „Ich baue selber Mais an, und ab heuer mache ich auch meine Pellets selbst. Das ist zwar teurer, aber da weiß ich, was drin ist.“

Natur und Hausverstand 

Auch für viele kleine und größere Wehwehchen hat der findige Rinderzüchter über die Jahre Wege gefunden, sich und seinen Tieren unkompliziert das Leben leichter zu machen. „Man muss einfach genau hinschauen, dann kommt man schon drauf, was die Tiere brauchen.“ Wenn etwa auf der Alpe über 170 Tiere aus 13 oder 14 verschiedenen Betrieben auf einen Schlag zusammenkommen, ist das eine enorme Herausforderung fürs Immunsystem. „Vor ein paar Jahren haben wir auf der Alpe ein Feuer gemacht. Einige der Kühe haben dort später Kohlestücke rausgefischt. Da hat es auch bei mir gezündet: Seitdem biete ich ihnen auf der Alpe und auch hier im Stall Holzkohle an – und wir haben keine Probleme mehr mit Durchfall.“ Auch gegen die Glatzflechte, eine durch einen Pilz verursachte Hauterkrankung bei Kälbern, ist bei Reinhold ein Kraut gewachsen. „Dagegen hänge ich Stechlaub in den Stall“, erklärt Reinhold. „Wenn man früh genug dran ist, reichen die darin enthaltenen ätherischen Öle zur Behandlung aus.“ Den Tierarzt sehen die Tiere deshalb nur selten.

Bio-Rindfleisch mit Klasse

Einen Moment lang schauen wir den Rindern schweigend zu, wie sie die Abendsonne auf der Weide genießen. Ein Anblick, bei dem man gar nicht daran denken mag, dass einige von ihnen im Herbst das Schlachtalter von 20 bis 24 Monaten und das entsprechende Gewicht von sechs- bis siebenhundert Kilo erreicht haben. Wenn es so weit ist, ist Reinhold immer dabei. „Wenn es irgendwie möglich ist, bringen wir immer zwei Tiere gleichzeitig zum Schlachthof. Das ist weniger stressig für sie.“ Geschlachtet wird in Dornbirn. Die fachmännische Zerlegung, Verpackung und Fleischreifung wird von den Metzgermeistern der Metzgerei Broger in Bizau übernommen. Die Qualitätseinstufung erfolgt durch das EUROP Klassifizierungssystem, bei dem die Fleischigkeit (E, U, R, O, P) und das Fettgewebe (1, 2, 3, 4, 5) optisch beurteilt werden. „Ideal ist es, wenn das Fleisch die Klassifizierung E, U oder R und 2–3 erreicht“, erfahren wir. Das wäre dann, grob zusammengefasst, eine vorzügliche bis gute Muskelfülle bei leichter bis nahezu durchgängiger Fettabdeckung. „Bei der letzten Schlachtung hatten wir sechs Rinder, fünf waren in der Klasse U2–3 und eines war R3. Das ist Top-Qualität – und alles in Bio“, sagt Reinhold nicht ohne Stolz.

Bio-Siegel als Abrundung

Für Reinhold allerdings ist Bio mehr als bloß eine Auszeichnung, die gut fürs Geschäft ist. Bio ist eine Einstellung. Seinen Betrieb hat er immer schon nach biologischen Kriterien bewirtschaftet, zertifiziert ist er seit fast 25 Jahren. Doch der erfahrene Bio-Bauer weiß: Als Produzent darf man sich nicht der Illusion hingeben, ein Bio-Siegel würde reichen. „Wir brauchen vor allem Fleisch in Top-Qualität. Von guten Rassen in Mutterkuhhaltung, mit bestem Futter und richtig gelagert. Bio macht daraus eine runde Sache, aber ausruhen darf man sich auf dem Bio-Siegel nicht.“ Deshalb wird er auch nicht müde, Überzeugungsarbeit für herausragende Bio-Qualität zu leisten. Vor allem, wenn sie direkt aus der Region stammt. Denn auch davon ist Reinhold überzeugt: „Bei der Qualität, die unser Bio-Weiderind in Vorarlberg hat, muss man das Fleisch nirgendwo herholen.“

Seit 2004 gibt es die Bio-Weiderinder von Reinhold Kräutler exklusiv bei Sutterlüty und in Kürze auch in der Sutterlüty SB-Fleischtheke.

Vorarlberger Bio-Weiderind in einzigartiger Qualität