Süße Grüße

Ist es möglich, aus dem Guten, das es bei uns gibt, etwas noch Besseres zu machen? Und dabei den Respekt vor der Natur und voreinander zu wahren? Sabine Burtscher und Xavier Le Guennec kriegen das gebacken. Wir haben sie in ihrer Backstube in Raggal besucht und erfahren, was ihre Bio-Kekse so einzigartig macht.

Als wir an einem trüben Oktobertag die Tür zur Sabine+Xaver Bio-Gourmet-Manufaktur in Raggal aufdrücken, heißt uns ein Hauch von Zimt und Orange in dem kleinen Coffeeshop direkt neben der Walserhalle in Raggal willkommen. Hinter dem großen Fenster zur Backstube sind Sabine und Xavier schon ganz in ihrem Element. Der gelernte Pâtissier aus der Bretagne portioniert gerade einen Berg Teig, während die ehemalige Ergotherapeutin noch eben einen Rollwagen mit Blechen voller Kekse in den Ofen schiebt, bevor sie uns hineinwinkt. Seit Oktober 2020 backen Sabine und Xavier hier in Raggal. Nach mehreren Stationen hat sich die Keksmanufaktur nun mit einem kleinen Coffeeshop und Laden im ehemaligen Sportgeschäft von Sabines Mutter Hannelore Burtscher angesiedelt. Ein optimaler Platz in Raggal – auch wenn die Besucherströme bisher überschaubar waren. „Letzten Winter war wegen Corona im Walsertal absolut nichts los“, erinnert sich Sabine. „Wir waren dann eben statt hier im Coffeeshop dreimal pro Woche auf den Märkten in Feldkirch und Bludenz.“ Diesen Winter hoffen die beiden Keksbäcker auf etwas mehr Rummel im Dorf.

Einen Wochenendausflug ins Große Walsertal kann man wunderbar mit einem Besuch bei uns im Coffeeshop verbinden!

„Einen Wochenendausflug ins Große Walsertal kann man wunderbar mit einem Besuch hier bei uns verbinden“, sagt Sabine. Neben frisch gebackenen Keksen, richtig gutem Kaffee und hausgemachter Tarte erwartet die Besucherinnen und Besucher hier ein laufend wechselndes Programm. „Wir hatten schon eine Pflanzentauschbörse und eine Tauschbörse für Kinderspielsachen“, freut sich Sabine, „und es finden regelmäßig Ausstellungen mit wechselnden Künstlerinnen und Fotografen statt.“ Im Sommer gab es außerdem einen Vortrag von einem Schmetterlingsexperten. Diese Verknüpfung mit dem Biosphärenpark, in
dessen Mitte ihre Kekse entstehen, liegt gerade der gebürtigen Raggalerin besonders am Herzen.

BIO-KEKSE AUS DEM BIOSPHÄRENPARK

„Wir stellen unsere Kekse in Bio-Qualität her. Schon alleine deshalb sehen wir uns als Teil des Biosphärenparks“, sind Sabine und Xavier sich einig. Doch ihr Wunsch nach mehr Naturverbundenheit endet nicht an der Ladentür. Ein Insektenwiesen-Projekt, der Schmetterlingsschwerpunkt und ein Gemeinschaftsgarten im Ort sind nur einige der vielen Anknüpfungspunkte, mit denen Sabine und Xavier sich befassen. Auch die möglichst regionale Herkunft der Zutaten ist für die beiden ein wichtiges Kriterium.
Das Mehl beispielsweise stammt vom Martinshof und die Eier kommen von Pirmin Bickel, einem Bio-Betrieb direkt aus Blons im Walsertal. Gerade die Wertschöpfung im Tal ist Sabine ein Anliegen. „Ich würde mir
wünschen, dass alle Landwirte und Produzenten im Walsertal biologisch wirtschaften würden“, sagt sie.

WIE ALLES BEGANN

Kennengelernt haben sich die Raggalerin und der Bretone bei einer großen Geburtstagsfeier vor einigen Jahren – sie kreativ, naturverbunden und voller Ideen, er analytisch, stets die Lage überblickend und die Dinge durchschauend. Sabine war damals noch als Ergotherapeutin tätig, Xavier hat in der Lebensmittelindustrie gearbeitet. „Acht Jahre ist das mindestens her, oder, Xavier?“, fragt Sabine. Xavier zuckt mit den Schultern. „Zeit ist nicht so wichtig“, sagt er, und Sabine ergänzt: „Viel wichtiger
ist, was man daraus macht.“ Und etwas daraus gemacht, das haben sie. Damals waren beide auf der Suche nach etwas Neuem, etwas Erfüllendem, etwas das ihre Liebe zur Region und zum Genuss verbindet. Bei einer gemeinsamen Wanderung entstand dann die Idee, Kekse zu backen. Aber solche, für die sie mit ihrem Namen stehen können. Nur das französische „i“ in „Xavier“ haben die beiden zugunsten der einfacheren Aussprache gestrichen.

EIN EINGESPIELTES TEAM

Im Leben und in der Backstube: Sabine und Xavier sind ein eingespieltes Team. Xavier macht den Teig, während Sabine die Zutaten bereitstellt, abwiegt und den Ofen auf Temperatur bringt. Portionsweise kommt de Teig dann in eine Maschine, mit deren Hilfe die Kekse in ihre jeweilige Form geschnitten
werden. Heute sind es Quadrate. In wenigen Arbeitsschritten füllt sich so Blech um Blech mit rohen Keksen und der Rollwagen mit Blechen. Eigentlich könnten die Kekse jetzt in den Ofen, doch Sabine schafft vorher
noch ein bisschen Ordnung auf dem Blech. „Je ordentlicher die Kekse schon beim Backen liegen“, verrät sie ihren Trick, „umso schneller bin ich später beim Einpacken.“ Achtzehn Bleche fasst der Rollwagen, den
Sabine jetzt in den Ofen schiebt. Während die Kekse backen, widmet sie sich gleich der nächsten „Fuhre“, denn bei 80 Kilogramm Teig geht der Nachschub so schnell nicht aus. Sieben- bis zehntausend Kekse schaffen die beiden so an einem Tag. Dreimal pro Woche

Ob im Leben oder in der Backstube: Wir sind ein eingespieltes Team!

Die restliche Zeit verbringen Sabine und Xavier mit Ausliefern, Ware versenden, am Markt oder beim Yoga. Zweimal pro Woche gibt Sabine, die ausgebildete Yogalehrerin ist, Kurse. „Das ist ein wunderbarer Ausgleich“, sagt sie. „Auch für Xavier, er kommt gerne hin und wieder mit.“

VEGANE HAFERKEKSE

Es gibt auch eine vegane Kekssorte im Sortiment von Sabine+Xaver: Wie passt das zu einer Manufaktur, die auf regionale Zutaten setzt – in einer Region, in der Milch eine so wichtige Rolle spielt? „Wir lieben unsere Kühe“, sagt Sabine und ergänzt lachend: „Aber es gibt wirklich genug davon.“ Denn auch die Milchkuhhaltung verursacht treibhauswirksame Gase und verbraucht Ressourcen. Grund genug, einmal
ein Rezept auszuprobieren, das ohne Milchprodukte auskommt. Da war der Schritt zu einem veganen Keks nicht mehr weit, vor allem, weil gerade in der letzten Zeit die Nachfrage nach einer veganen Sorte deutlich zugenommen habe. Die Hauptzutat ist Hafer. „Ein wahnsinnig wertvolles Getreide“, sagt Sabine. Darum war die Entscheidung schnell getroffen, auch wenn es derzeit noch keinen Hafer aus Vorarlberg gibt. Doch was nicht ist, kann ja noch werden: „Vielleicht finden wir noch jemanden, der regionalen Hafer für unsere veganen Kekse anbaut.“

SCHACHTELN MIT MEHRWERT

Der Backtag, der heute schon um sieben Uhr begonnen hat, neigt sich dem Ende zu. Während  Xavier die Backstube aufräumt, packt Sabine die mittlerweile ausgekühlten Kekse ein, natürlich ebenfalls von Hand. „Normalerweise höre ich dabei laute Musik, dann geht’s schneller“, lacht sie. Die Verpackung ihrer Kekse soll einen Berg symbolisieren, weil ihre Idee dafür mitten in den Bergen entstanden ist und die Zutaten überwiegend von hier stammen. Auch die Schachtel ist in Vorarlberg produziert und lässt sich leicht
trennen. Zum Wegwerfen allerdings ist sie fast zu schade. „Mit ein bisschen Fantasie kann man daraus schöne Sachen basteln“, sagt Sabine. „Zum Beispiel eine hübsche Verpackung für ein kleines Geschenk.“ Eine sehr gute Idee. Vor allem, wenn es einem nicht gelingt, bis zur Bescherung die Finger von ihrem köstlichen Inhalt zu lassen.