Wer ernten will, muss säen

Regionalstempel

Anfang September werden wieder die ersten Ländle-Zwiebeln von Jürgen Meusburger aus Koblach bei Sutterlüty erhältlich sein. Doch wer ernten will, muss säen – und die Saat hegen und pflegen. Was dabei jetzt schon alles an Arbeit anfällt auf den Feldern und Äckern bei einem der größten Gemüsebauern Vorarlbergs, haben wir uns vor Ort angesehen.

Mitte März haben wir Gemüsebauer Jürgen Meusburger das erste Mal besucht. An einem T-Shirt-warmen Nachmittag fahren wir mit dem Landwirt zu seinem Zwiebelacker unweit seines Hofes in Koblach. Hier ist Jürgens Vater Leopold gerade dabei, die Zwiebelsaat auszubringen. „Das macht er immer noch am liebsten selbst. Dann weiß er, dass es ‚g’hörig‘ gemacht ist“, sagt Jürgen schmunzelnd und ergänzt dann gleich: „Im Ernst: Wir arbeiten sehr gut zusammen und ich bin wirklich froh, dass er noch so gerne mit anpackt.“ Denn Hilfe kann Jürgen definitiv gebrauchen. Immerhin bewirtschaftet er insgesamt 25 Hektar Land.

Auf diesem Feld in der Nähe des Ebachs ist neben Platz für Frühkartoffeln, Randig und Karotten ungefähr ein Hektar für Zwiebeln reserviert. Drei Sorten soll es dieses Jahr geben. Das schluffige Schwemmland bietet gute Voraussetzungen dafür. Ganz ohne Vorarbeit geht es jedoch trotzdem nicht. Vor zwei Wochen schon hat Jürgen den Boden mit der Fräse für die Aussaat vorbereitet. „Dadurch kann viel Unkraut gar nicht erst wurzeln“, sagt er. Das ist deshalb besonders wichtig, weil der 42-Jährige seine Felder so naturnah und schonend wie möglich bewirtschaften möchte. Selbst wenn das mehr Arbeit bedeutet.

Denn trotz aller Bodenvorbereitung wird das Erste, was hier wachsen wird, Unkraut sein. Für Familie Meusburger und ihre vier Mitarbeiterinnen heißt es dann: jäten. Einmal mindestens. Vermutlich eher zweimal. Doch jetzt muss es erst einmal regnen. Dass es vor der Aussaat so lange trocken war, stört den Landwirt nicht. „Am liebsten würde ich mein Wetter sowieso selber machen“, sagt er und wirft einen prüfenden Blick in den strahlend blauen Himmel. Bewässern könne er immer. Wenn es allerdings zu viel
regne, könne das zu einem Problem werden, denn zu viel Feuchtigkeit oder gar Staunässe mögen Zwiebeln überhaupt nicht. Pilze, Mehltau und Fäulnis können die Folge sein. Deshalb werden die Zwiebelsamen auch auf kleinen Dämmen ausgebracht. Und bewässert wird, wenn es nach heißen Sommertagen nötig ist, nur nachts und in den frühen Morgenstunden. So trocknet der Boden am schnellsten wieder auf.

Damit die Böden auch sonst gesund bleiben, setzt Jürgen Meusburger auf Fruchtfolge. Mais, Getreide, Gemüse, Salat und Grünland folgen im Wechsel aufeinander – immer in Kulturen, die nicht artverwandt sind. Zwiebeln zum Beispiel mögen Böden, in denen vorher Gemüse gewachsen ist. „Damit wir die Fruchtfolge optimal einhalten können, tauschen wir auch mit anderen Landwirten in der Umgebung Anbau- und Weideflächen“, sagt Jürgen. „Wenn bei uns etwa gerade Gras wächst, lassen wir einen anderen Landwirten hier mähen. Er bekommt so Futter für seine Kühe und wir bekommen dafür hofeigenen Dünger für das Feld.“

ZWIEBELN MÖGEN ES EHER TROCKEN, KLEINE DÄMME HELFEN, STAUNÄSSE ZU VERMEIDEN.

GEMÜSE UND GETREIDE STATT MILCH

Bis Mitte der 80er-Jahre war der Hof von Leopold Meusburger selbst noch ein Milchbetrieb. 1986 schließlich hat Jürgens Vater die Milchwirtschaft aufgegeben und sich auf den Anbau von Gemüse konzentriert. Anfangs haben die Meusburgers nur Lagergemüse angebaut. Das verkaufte sich so gut, dass die Regale im eigenen Hofladen meistens schon im November leer waren. Also wurde das Sortiment nach und nach größer. 2009 hat Jürgen den Hof übernommen und das Sortiment weiter ausgebaut. 40 verschiedene Kulturen an Gemüse, Salat, Mais und Getreide baut er inzwischen je nach Saison das ganze Jahr über an – unter anderem auch Dinkel für den Martinshof in Buch.

DINKELBAUER DER ERSTEN STUNDE

Jürgen Meusburger ist Martinshof-Dinkelbauer seit beinahe der ersten Stunde. „Wir sind seit dem zweiten Jahr dabei“, erinnert er sich. „Das muss 2003 gewesen sein. Damals waren wir nur zu dritt oder zu viert in ganz Vorarlberg.“ Heute wächst alleine auf seinen Feldern in Koblach jedes Jahr auf insgesamt 5,5 Hektar der beliebte Vorarlberger Urdinkel.

AUSBLICK AUF DIE ERNTE

Und was tut sich bei den Zwiebeln? Bei unserem zweiten Besuch ein paar Wochen später sind die ersten Erfolge der Aussaat bereits zu erkennen: Die jungen Pflanzen stehen in langen Reihen von hauchdünnen grünen Fäden auf dem Feld. Ende August, Anfang September sollen die Ländle-Zwiebeln geerntet werden. Wann genau, das macht Jürgen vom Wetter abhängig. „Wir fahren nur in den Acker, wenn es trocken ist“, betont er. Auch das habe mit der Bodengesundheit zu tun. Würde bei Nässe geerntet werden, würde sich der Boden so sehr verdichten, „dass da kein Regenwurm mehr durchkommt.“ Zu heiß darf es allerdings auch nicht sein. Denn bei der Ernte werden die Zwiebeln erst einmal auf eine sogenannte Schwade gelegt und bleiben für zwei bis drei Tage auf dem Feld liegen. Dann erst werden sie eingesammelt und bekommen noch zwei bis drei Wochen Zeit zum Trocknen. So verlieren die äußeren Zwiebelhäute ihren Wassergehalt und werden fest. Dadurch sind die Zwiebeln später länger haltbar, Fäulnis und Schädlinge haben kaum eine Chance. Schließlich werden die Zwiebeln entschlotet, also vom inzwischen gar nicht mehr so grünen Grünzeug und von losen Schalenteilen befreit, am Hof eingelagert oder direkt für Sutterlüty verpackt.

FLEXIBLE PARTNERSCHAFT

Seit circa zehn Jahren ist der Koblacher Gemüsebauer Partner von Sutterlüty. Wie alle landwirtschaftlichen Betriebe aus der Region, die ihre Produkte an Sutterlüty liefern, ist auch Jürgen Meusburger nicht an fixe Liefermengen gebunden. „Wir telefonieren drei bis vier Wochen vor der Ernte. Dann kann ich auch ungefähr sagen, wie die Ernte ausfallen wird und welche Menge an Zwiebeln ich voraussichtlich liefern kann“, erzählt Jürgen und ergänzt: „Das hat von Anfang an tadellos funktioniert.“

Wie die Zwiebelernte dieses Jahr aussehen wird, wird sich zeigen. Für heute jedenfalls gibt es für Jürgen auf dem Zwiebelacker nichts mehr zu tun. Für den Landwirt, der oft vom Morgengrauen bis spät in die Nacht am Feld oder am Hof beschäftigt ist, bedeutet das eine der seltenen Gelegenheiten, seinem Hobby nachzugehen – und das hat mit Erde oder Bodenbeschaffenheit so rein gar nichts zu tun: Wenn es seine Zeit zulässt, zieht es Jürgen aufs Wasser. Dann schnappt er sich abends sein Kajak und paddelt den Ebach entlang. Sein Zwiebelfeld lässt er dabei ausnahmsweise links liegen.

GEMÜSEBAU MEUSBURGER
Jürgen Meusburger
Au 5a
6842 Koblach
Tel. +43 (0)664 / 142 90 56
gemuesebau.meusburger@gmx.at