WO BEI UNS DIE BOHNEN WOHNEN

Zu Besuch im Rheintal

Regionalstempel

Afrika, Amerika, Asien. Hülsenfrüchte haben meist sehr lange Wege hinter sich. Zumindest war das bisher so, denn seit Kurzem gibt es bei Sutterlüty Bohnen aus der Region. Sutterlüty’s Kidneybohnen, Schwarze Bohnen und Borlottibohnen wachsen direkt über der Grenze am Hof von Mario Baumgartner im Schweizer Rheintal.

„Jetzt sind sie bald so weit“, sagt Mario Baumgartner und drückt die Bohnenschote in seiner Hand der Länge nach auseinander. Mit zwei Fingern holt er eine rot gesprenkelte Bohne heraus und hält sie uns hin. Es ist Mitte August und wir stehen mit dem jungen Landwirten auf einem der Felder vom Hof Lindenmad. Hier im St. Galler Rheintal, in der Nähe von Kriessern und gerade einmal 1,5 Kilometer Luftlinie von Mäder entfernt, baut Mario seit dem Frühjahr Bohnen für Sutterlüty an. „Die sehen gut aus“, bestätigt Jennifer Feurstein und nickt anerkennend. Jennifer ist bei Sutterlüty im Einkauf für das Obst- und Gemüsesortiment zuständig. Regelmäßige Besuche bei den regionalen Partnern gehören für sie dazu. Heute sieht sie sich gemeinsam mit Mario den Fortschritt auf den Bohnenfeldern an

BEHARRLICHKEIT UND EXPERIMENTIERFREUDE

Ob dies- oder jenseits der Grenze: Regionale Bohnen, das gab es bisher auch bei Sutterlüty noch nicht. Dass sich das jetzt ändert, ist vor allem der Experimentierfreude und der Beharrlichkeit des jungen Bauern auf der anderen Rheinseite zu verdanken. Schon vor fünf Jahren hat er auf dem elterlichen Hof begonnen, mit Hülsenfrüchten zu experimentieren. „Man weiß ja, dass zu viel Fleisch weder für die Umwelt oder das Klima noch für uns Menschen gut ist. Aber Eiweiß brauchen wir, und Hülsenfrüchte sind da eine sehr gute pflanzliche Quelle“, erklärt er seine Beweggründe. Da es bisher kaum jemanden gab, der Hülsenfrüchte in der Region in nennenswerten Mengen anbaute, wollte er den Versuch wagen. Vieles hat Mario, der den Hof im letzten Jahr von seinem Vater übernommen hat, inzwischen probiert – und vieles auch wieder verworfen. Kichererbsen zum Beispiel waren bei den ersten Testläufen ganz vorne mit dabei. „Im ersten Jahr haben sich die Pflanzen bis in den Sommer hinein super entwickelt, dann hatten wir von heute auf morgen einen Schädlingsbefall“, erinnert er sich an den missglückten Start. Im folgenden Jahr seien die Kichererbsen winzig gewesen, fährt er fort.

Als beim dritten Mal auch wieder irgendetwas schiefgegangen ist, habe er die „Mission Kichererbse“ vorerst auf Eis gelegt und es mit anderen Hülsenfrüchten versucht. Die größte Herausforderung sei der Regen. „Wir haben hier 1200 Liter Niederschlag im Jahr“, erzählt Mario, während wir den Feldweg entlanglaufen, der heute staubtrocken ist. Und gerade das sei eine zusätzliche Herausforderung: Die extremen Wetterumschwünge, wie es sie in diesem Jahr gleich mehrfach gegeben hat – große Hitze gefolgt von Starkregen, und dann wieder von vorne. „Das ist für die Pflanzen genauso ein Stress wie für uns Menschen“, sagt Mario.

REGIONALE BOHNEN IN DREI SORTEN

Drei Sorten, allesamt Buschbohnen, haben schließlich das Rennen gemacht. Heute wachsen auf rund zwei der 44 Hektar, die der Hof Lindenmad zwischen Kriessern und Montlingen bewirtschaftet,  Kidneybohnen, Schwarze Bohnen und Borlottibohnen. Auf den restlichen Anbauflächen gedeiht auch dieses Jahr, was bisher hier gewachsen ist: „Herdöpfl“, wie man im St. Galler Rheintal zu den Kartoffeln sagt, dazu eine ganze Reihe weiterer Gemüsesorten wie Zwiebeln, Lauch, Sellerie, Blumenkohl, Spinat, Karotten, Zuckermais und Randig. Die Bohnen blieben lange Zeit ein Experiment. Erst dieses Jahr im Frühling war sich Mario seiner Sache so sicher, dass er die Initiative ergriffen und bei Sutterlüty angefragt hat, ob in den Ländlemärkten Interesse an regionalen Hülsenfrüchten bestünde. Nach einem Kennenlernbesuch in Egg war dann auch gleich für beide Seiten klar: Sutterlüty’s Rheintaler Bohnen – das könnte etwas „B’sundrigs“ werden.

KNIEHOCH UND UNKOMPLIZIERT

Die Bohnenbüsche um uns herum sind knapp kniehoch, sie tragen Borlottibohnen. Auch die Pflanzen der Schwarzen und der Kidneybohnen sind buschig und werden nicht mehr höher. Das sei vor allem bei der Ernte wichtig, erzählt Mario. Denn würden die Pflanzen zu hoch wachsen, würden sie irgendwann umliegen, sich also zur Seite neigen. Bei der Ernte würde der Drescher so nur die obere Hälfte der Pflanze abschneiden und damit auch nur einen Teil der Bohnen ernten. Das wäre nicht nur wirtschaftlich ein großer Verlust, sondern vor allem eine enorme Verschwendung an wertvollen regionalen Lebensmitteln. Trotzdem liebäugelt Mario auch mit Bohnensorten, die Rankhilfen brauchen. Auf einem kleinen Flecken am Rand des Maisfelds zeigt er uns, was er meint: „In Afrika verwenden die Bauern Mais als Rankhilfe für die Bohnen“, sagt Mario. An sich eine sehr gute Idee, nur: „Bei uns ist das schwierig, weil der Mais hier später erntereif wird als die Bohnen.“ Doch auch dafür wird Mario noch eine Lösung finden. Vorerst jedoch freut er sich, dass es in diesem Jahr mit der Ernte ganz gut aussieht.

Ein paar Schritte weiter entdeckt Jennifer einige Stellen im Feld, wo die Blätter der Bohnenbüsche gelb verfärbt sind. Andere sind schon braun. „War es vielleicht doch zu trocken?“ – „Alles in Ordnung“, sagt Mario, „ein paar Tage Hitze halten die Buschbohnen schon aus.“ Die Verfärbung der Pflanzen sei ein Zeichen dafür, dass die Bohnen langsam abreifen – zwar ein bisschen später als üblich, aber immer noch gut in der Zeit. Vor allem wenn man bedenkt, dass Mario und sein Team die Bohnen wegen anhaltendem Regen dieses Jahr erst Mitte Mai auslegen konnten. Dafür war der Boden gut durchfeuchtet und die Bohnen haben schon nach vier oder fünf Tagen begonnen zu keimen. Um diese Zeit herum behandelt  Mario die Böden einmal gegen Unkraut. Die einzige Alternative, um es anderweitig daran zu hindern, die jungen Bohnenpflanzen zu überwuchern, sei, den Boden regelmäßig von Hand zu hacken. Ein Aufwand, der für das kleine Team nicht bewältigbar wäre.

RESSOURCEN SINNVOLL NUTZEN

Denn neben Mario arbeiten nur sein Vater und drei Angestellte am Feld. Seine Mutter kümmert sich um den Hofladen. Erst im Herbst bekommt der Hof Lindenmad Verstärkung von Erntehelfer*innen. Die Denn neben Mario arbeiten nur sein Vater und drei Angestellte am Feld. Seine Mutter kümmert sich um den Hofladen. Erst im Herbst bekommt der Hof Lindenmad Verstärkung von Erntehelfer*innen. Die Bohnen allerdings lässt Mario mit einem gemieteten Drescher ernten. „Das ist in drei Stunden erledigt“, sagt er. Dafür eine eigene Maschine anzuschaffen, die den Rest des Jahres nur herumsteht, das macht für den Jungbauern weder ökologisch noch wirtschaftlich Sinn. Auch das Trocknen und Polieren der Bohnen übergibt er vorerst einem darauf spezialisierten Betrieb in der Nähe. Verpackt werden die Bohnen schließlich wieder am Hof. Derzeit schaffen Mario und sein Team das noch von Hand. „Wenn es gut läuft mit den Bohnen, ist sicher zu überlegen, selbst eine Anlage zum Trocknen und Verpacken anzuschaffen“, sagt Mario. Aber jetzt müssten sich Sutterlüty’s Bohnen erst einmal in den Märkten beweisen. Die Chancen stehen gut: „Hülsenfrüchte sind ein sehr wertvolles und immer wichtiger werdendes Lebensmittel“, sagt Jennifer. „Mich freut es sehr, dass Mario auf uns zugekommen ist und wir unseren Kund*innen jetzt regionale Bohnen in Top-Qualität anbieten können.“ Vorerst gibt es Sutterlüty’s Rheintaler Bohnen in
drei Sorten. Doch wer weiß, ob da nicht schon bald wieder etwas Neues aus dem St. Galler Rheintal in den Sutterlüty Regalen auftaucht? Marios Experimentierfreude jedenfalls ist ungebrochen. Und die Bereitschaft bei Sutterlüty, mutige Wege mitzugehen, sowieso.

Erfahren Sie mehr über die Bohnen von Mario Baumgartner.