Dem Rauschen entgegen

Die majestätische Fallbachwand ragt hoch über der Alfenz im Klostertal in den Himmel. Bergfexe lockt die Wand mit einem herausfordernden Klettersteig – ein Muss für alle, die Nervenkitzel und Naturgewalten gleichermaßen lieben.

Alles im Fluss
Das Element Wasser prägt das Klostertal auf b’sundrige Art und Weise: mit imposanten Bergseen, der Alfenz als Wasserader und vor allem mit zahlreichen Wasserfällen entlang der Talflanken. Einer davon ist der Fallbach-Wasserfall bei Dalaas – mit 520 Metern der höchste Wasserfall Vorarlbergs. Als Tour kam er früher nur für geübte Eiskletter*innen in Frage, doch seit 2018 gibt es rechts neben dem Wasserfall einen mittelschweren Klettersteig. Mit seiner Länge und den abwechslungsreichen, teils fordernden Passagen bis in die Kategorie C/D ist er zwar nicht zu unterschätzen, bietet aber gerade für Alpinist*innen ein eindrucksvolles Naturerlebnis.

AUFBRUCH INS ABENTEUER
Mit diesen Informationen und einer guten Klettersteigausrüstung im Gepäck machen wir uns frühmorgens auf den Weg nach Dalaas. Das Auto lassen wir beim Klettersteigparkplatz an der Bundesstraße stehen und bestaunen schon beim Aussteigen die mächtige Fallbachwand, die sich steil in die Höhe schraubt. Dem Wanderweg mit der Beschilderung „Zum Klettersteig“ entlang geht’s weiter bis zum Einstieg, den wir nach etwa 20 Minuten gut aufgewärmt erreichen. „Devil’s Start“ nennt sich die erste Passage, und der Name macht gleich klar:
Es wird schon zu Beginn knackig!
Atemberaubender Ausblick
Von dem kleinen Felsvorsprung aus kann man hier über das ganze Klostertal blicken. Die Morgensonne hat schon ordentlich Kraft und wir sind froh, dass wir früh unterwegs und nicht in der Mittagshitze am Klettern sind. Immerhin bietet der Steig eine natürliche Abkühlung. Wohl deshalb heißt diese Passage auch „See Spray“ – denn wenige Meter neben uns tobt der Fallbach in mehreren Kaskaden in die Tiefe. So können wir mit feinem Sprühnebel im Gesicht eine Schuttrinne zur nächsten Wand queren. Diese Erfrischung ist dringend nötig, denn das letzte Drittel ist ein wahrer Kraftakt.

Hoch Hinaus
Die „Dirty Shoe Corner“ verdankt ihren Namen offenbar einem alten, in der Wand hängenden Schuhpaar – was es damit genau auf sich hat, bleibt ein Rätsel. An einem kleinen Felsüberhang findet sich in dieser plattigen Passage das Wandbuch, in dem wir natürlich unseren Gruß hinterlassen. Wenig später beginnt der lange und fordernde Schlussaufstieg „Stairway to Heaven“. In der dunklen Felswand sind nochmals Technik und Ausdauer gefragt … bis endlich die ersten Latschenkiefern in Sicht sind. Über Gras und Fels führt das Seil zum Ausstieg im Wald.
Mit weichen Knien
Von da aus führt ein kleiner Trampelpfad durch die pure Idylle zum Bachbett des Fallbachs. Hier können wir uns nach der kräfteraubenden Kletterpartie erfrischen – denn auch der Abstieg hat es in sich. Etwa hundert Meter später mündet der Waldpfad in einen blau-weiß markierten Steig, der noch einmal unsere Konzentration fordert: Über Küngs Maisäß und am Stener Hüsle vorbei gelangt man zum Rotrüfetobel. Ist dieser überwunden, führt ein breiter Weg zurück in die Zivilisation und weiter bis zum Klettersteigparkplatz. Hier wagen wir noch einmal den Blick in die schwindelerregende Höhe und sind uns sicher: Der Fallbachsteig verlangt viel, schenkt aber noch mehr – grandiose Ausblicke, Ehrfurcht vor der Natur und nicht zuletzt das wunderbare Gefühl, sich selbst ein Stück übertroffen zu haben.

Der Klettersteig an der Fallbachwand beeindruckt vor allem vormittags mit einem imposanten Lichtspiel aus Wasser, Fels und Sonne. Geradezu überwältigend zeigt sich dieses in den Monaten Juni und Juli. Doch so reizvoll die Tour auch ist: Sie ist lang, technisch fordernd und bietet keinen Notausstieg. Für Klettersteig-Neulinge ist sie deshalb nicht geeignet. Für unsichere Alpinist*innen ist es sinnvoll, an einem leichteren Steig wie dem Karhorn-Klettersteig in Warth zu üben. Mit Vorbereitung und Respekt vor dem Fels wird die Fallbachwand schließlich zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Klettersteig-Check
Klettersteige führen in eindrucksvolle Landschaften und spektakuläre Höhen, die sonst nur erfahrenen Kletter*innen vorbehalten sind. Mit passender Ausrüstung, Schwindelfreiheit und Kondition sind viele Steige auch für Hobbyalpinist*innen gut zu meistern. Eine gute Grundausrüstung ist aber für alle unbedingt erforderlich: Klettersteigset, Klettergurt, Kletterhelm, gutes Schuhwerk und Klettersteighandschuhe dürfen nicht fehlen. Außerdem gehören Kleidung nach dem Zwiebelprinzip, Jause mit Getränk, Regen- und Sonnenschutz sowie ein Erste-Hilfe-Paket dazu. B’sundrig wichtig ist, dass Klettersteige nie alleine begangen werden!
EXPERTENTIPPS: NICHTS FÜR ANFÄNGER*INNEN
Bevor es losgeht, könnt ihr euch gegenseitig kontrollieren.
• Sitzt der Gurt korrekt und sind alle Schnallen verschlossen?
• Ist das Klettersteigset vorne am Klettergurt befestigt und funktionieren die Karabiner?
• Ist der Helm auf dem Kopf und mit dem Verschluss fixiert?
• Wie ist das Wetter? Verändert es sich?
Ein Blick auf das Handy – und auf die Wolken am Himmel – gibt Aufschluss. Bei Regen und Gewitter sind Klettersteige grundsätzlich zu meiden.
• Ist die Klettersteiganlage in gutem Zustand? Bei sichtbaren Schäden gilt besondere Vorsicht!
• Passt die Kommunikation in der Gruppe? Ihr braucht ausreichend Abstand – nämlich mindestens ein freies Sicherungsfeld zwischen zwei Personen.
• Bin ich beim Fotografieren sicher? Am besten wird die Fotoausrüstung mit einer Bandschlinge am Gurt befestigt. Zusätzlich empfiehlt sich eine kurze Selbstsicherungsschlinge vorne am Gurt – so ist man beim Fotografieren oder Rasten sicher.