Alles im Glas

Regionalstempel

Haben Sie immer einen Vorrat an selbstgekochten Gerichten zu Hause, die Sie nur aufzuwärmen brauchen, wenn die Zeit zum Kochen fehlt? Nein? Dann haben wir eine gute Nachricht für Sie: Hausgemachte Gerichte im Glas von Ariane Scheffknecht finden Sie auch bei Sutterlüty. Wir haben die Lustenauerin in ihrer Genussmanufaktur besucht.

Es ist kurz vor neun, als wir an einem klirrend kalten Dienstagvormittag im Theresienheim in Lustenau eintreffen. Seit eineinhalb Jahren hat Ariane Scheffknecht hier für zwei bis drei Tage pro Woche die Küche gemietet und kocht für all jene, denen die Zeit oder die Möglichkeit dazu fehlen. Und zwar ganz so, wie sie es zu Hause auch tun würde: frisch und ohne künstliche Zutaten. Heute ist sie gerade dabei, die Zutaten für rotes Thai-Curry zu schneiden, begleitet von der rhythmischen Musik des Tanzkurses im Saal vis-à-vis. Sieben ver- schiedene Gerichte hat sie im Angebot, vier mit Fleisch und drei vegane. „Stört es euch, wenn ich weitermache, während wir uns unterhalten?“, fragt Ariane und greift wieder zu der leuchtend roten Paprikaschote, die sie gerade halbiert hat. Daneben liegen schon Zuckerschoten, Karotten, Zwiebeln und Ing- wer bereit. Hier landet offenbar viel Frisches und Knackiges im Topf. „Mir ist die Qualität der Lebensmittel sehr wichtig“, sagt Ariane, als hätte sie den Gedanken erraten, und fährt fort: „Während der Saison kaufe ich natür- lich möglichst regional ein. Aber Ingwer oder Zitronengras wachsen leider nicht bei uns.“ Dafür stammt das Hühnerfleisch, das als Nächstes an der Reihe ist, aus Österreich.

NICHT IM TRÜBEN FISCHEN

Die Fischspezialitäten von Deutsche See werden nach den strengen Richtlinien für nachhaltige Fischerei gefangen oder gezüchtet. Konkret bedeutet dies, dass sich Deutsche See intensiv mit den Einkaufsquellen und jeweiligen Situationen vor Ort – wie Fischbeständen, Bestandsmanagement, Struktur und Aufbau von Aquakulturbetrieben – auseinandersetzt. Doch das alleine reicht Deutsche See noch nicht. Ziel ist es, die gesamte Wertschöpfungskette vom Ursprung bis zum Verkauf nach den eigenen Maßstäben zu gestalten. Deshalb arbeiten die Bremerhavener kontinuierlich an der Verbesserung ihres Umwelt- und Energiemanagements und setzen unter anderem auf E-Mobilität und Photovoltaik-Anlagen in großem Stil. Dieses Engagement wurde bereits 2015 mit der renommierten deutschen Auszeichnung „Klimaschutzbetrieb CO2-20“ belohnt. „Ich weiß bei jeder Lieferung, von welchem Bauernhof das Fleisch stammt. Das ist mir persönlich einfach wichtig“, betont Ariane, während sie ein Brustfilet nach dem anderen in großzügige Stücke zerteilt. „Es ist auch ein Irrglaube, zu meinen, man spart sich etwas, wenn man zu billigem Fleisch greift. Das schrumpft beim Kochen so zusammen, dass man nur umso mehr davon braucht.“ Doch selbst vom hochwertigen Hühnerbrust-fleisch braucht Ariane acht Kilogramm für die 55–56 Gläser rotes Thai-Curry, die sie auf einmal zubereitet. Sie weiß also, wovon sie spricht.

DER FRÜHE VOGEL …

Neben Ressourcenbewusstsein und Umweltmanagement macht schließlich noch das soziale Engagement den breit angesetzten Nachhaltigkeitsgedanken von Deutsche See aus. Bei der Handarbeit in der Fischmanufaktur wird hier auf eigene Mitarbeiter statt auf die für die Branche typischen Werkverträge gesetzt. Damit werden die Mitarbeiter fair nach Tarifverträgen entlohnt und können auf einen sicheren Arbeitsplatz zählen. Damit Ariane ihr Kochpensum an zwei Tagen unterbringt, heißt es früh aufstehen. Weil die Küche im Theresienheim nur tageweise gemietet ist, muss sie, bevor es ans sprichwörtlich Eingemachte gehen kann, erst einmal alle Utensilien herbringen. Besonders am Montag ist Ariane schon früh auf den Beinen. „Um halb sechs stehe ich auf, bringe die Gläser her und gehe dann einkaufen.“ Zuerst stehen die Fleischgerichte auf dem Kochplan: indisches Hühnercurry, Sugo Bolognese, Chili con Carne und eben ihr rotes Thai-Curry. Diese Gerichte müssen zwei Mal sterilisiert werden, damit sie auch sicher lagerfähig sind; das erste Mal für eineinhalb Stunden bei 100–120 °C und am nächsten Tag noch einmal eine halbe Stunde bei 100 °C. „Durch das Sterilisieren kann ich auf Konservierungsstoffe verzichten“, erklärt uns die Selfmade-Köchin und schiebt jetzt erst mal das Gemüse in den Konvektomaten, ein Kombi-Gerät, das sowohl zum Dampfgaren als auch zum Sterilisieren der abgefüllten Gläser verwendet werden kann. Der Nachteil dieser Methode ist, dass die Gläser manchmal etwas schwer aufgehen. Aber dafür sind die Gerichte auch ungekühlt mindestens drei Monate haltbar. Ist ein Glas allerdings einmal offen, sollte der Inhalt nach zwei bis drei Tagen im Kühlschrank aufgegessen werden – eben genau so wie bei frisch Selbstgekochtem. Anfangs hat Ariane die leeren Gläser zurück- genommen. „Das ist leider gar nicht so einfach. Viele Gläser waren stark verschmutzt, schim- melig oder gar nicht von mir. Den Großteil musste ich dann entsorgen“, erinnert sie sich. Denn die Anschaffung einer speziellen Waschanlage, die für Mehrwegsysteme notwendig ist, kann sich die Jungunternehmerin aktuell noch nicht leisten. „Dafür werden meine Kundinnen und Kunden in Sachen Upcycling so richtig kreativ“, freut sich Ariane. Die Zwiebeln sind nun auch geschnitten und dünsten zusammen mit Knoblauch und Ingwer in dem großen Topf vor sich hin. „Die Zwiebeln geben nicht nur viel Geschmack, sie binden auch gut. Das macht das Curry schön sämig“, erklärt Ariane.

AM ANFANG WAR DER KÜRBIS

Es war nicht gerade ein direkter Weg, der Ariane in die Küche geführt hat. „Natürlich habe ich immer schon gerne gekocht. Vor allem Gerichte, die ich auf unseren Asien-Rei- sen kennengelernt habe.“ Doch bevor sie ihr Hobby zum Beruf gemacht hat, hat die gelernte Schneiderin noch so einiges anderes ausprobiert: Vom Bürojob über die Arbeit in einem Lager bis zu einem abgebrochenen Pädak-Studium – der Mut, Neues zu probie- ren und Chancen zu ergreifen, wenn sie sich bieten, scheint für Ariane charakteristisch zu sein. Sogar wenn sich eine Chance in Form von einer orangen Überraschung vor der Haustür auftut: Denn mit dem Einkochen angefangen hat Ariane, weil ihr Schwiegervater ihr einen Berg Kürbisse vorbeigebracht hat. Seine Idee: „Daraus kannst du doch Kürbissuppe machen.“ Das hat sie dann auch getan. Gemeinsam mit ihrer Schwester Beate hat sie daheim in der Küche tagelang Kürbis- suppe, Kürbisgulasch und allerlei andere Kürbisgerichte zubereitet – und ist damit„ auf den Markt in Lustenau gegangen. Dass sie schon lange vor Ende des Markttages komplett ausverkauft sein würden, damit hätten die beiden Frauen allerdings selbst nicht gerechnet. Doch auch beim nächsten Mal und die vielen Male danach lief es gut. „Aber wirklich ideal war es nicht“, erinnert sich Ariane. „Mein Angebot ist gedacht für Menschen, die keine Zeit oder Möglichkeit zum Kochen haben, und das sind dann meis- tens auch Menschen, die keine Zeit haben, auf den Markt zu gehen.“

VOM MARKT IN DEN LÄNDLEMARKT

Weil sie aber ihren Stand direkt vor dem Sutterlüty am blauen Platz hatten, kam Ariane eines Tages die zündende Idee: Warum nicht bei Sutterlüty nachfragen, ob sie ihre hausgemachten Gerichte ins Sorti- ment nehmen wollen? Gesagt, getan. Seit eineinhalb Jahren sind die Gerichte aus der Manufaktur von Ariane Scheffknecht nun schon in vierzehn Sutterlüty Märkten erhältlich. Mittlerweile ist auch das Hühnerfleisch angedünstet und köchelt in der Tomatensauce auf niedriger Stufe vor sich hin. Jetzt kommt das schonend vorgegarte Gemüse in den Topf: erst die Karottenstücke, dann die mundgerecht geschnittenen Paprika und die Zuckerschoten. Dann beginnt Ariane, nach und nach die Gewürze unterzurühren: Garam Masala, Kreuzkümmel und natürlich Curry. Es ist jetzt kurz vor elf, doch unsere Mägen geben deutlich hörbar zu verstehen, dass es langsam Zeit zum Verkosten wäre … Doch dann reißt uns das laute, ausdauernde „Määäääk!“ des Konvektomaten aus unserem Testesser-Tagtraum. Das indische Hühnercurry, das Ariane gestern zubereitet hat, ist fertig sterilisiert. Jetzt müssen die Gläser nur noch auskühlen, dann werden die Deckel nochmal gereinigt, mit Etiketten versehen, und dann sind die Gerichte im Glas auch schon bereit für die Auslieferung.

IN DER NEUEN KÜCHE WIRD’S LEICHTER

Doch jetzt muss erst mal das rote Curry im Topf umgerührt werden, damit am Boden nichts festkocht. Mit gut 26 Litern Inhalt ist das ein Kraftakt, für den es beide Hände braucht. „In meiner neuen Küche bekomme ich einen Kipper, das macht die Sache ein- facher“, lächelt Ariane, während sie noch einmal mit dem großen Kochlöffel durch das Curry zieht. Die steigende Nachfrage hat es für die Lustenauerin notwendig gemacht, sich nach eigenen Produktionsräumlich- keiten umzusehen. Fündig geworden ist sie in ihrer Heimatgemeinde, im ehemaligen Betriebsgebäude der Textilveredelung Ott. „Hier habe ich dann auch ein Lager, was uns einiges an Fahrerei erspart.“ Gute Nachrich- ten für alle, die auch an hektischen Tagen nicht auf ein vollwertiges, selbstgekochtes Essen verzichten wollen – für Nachschub an Gutem aus dem Glas ist gesorgt!